Constanze Verlag GmbH & Co. KG verliert Streit um die Zulässigkeit sog….
Constanze Verlag GmbH Co. KG verliert Streit um die Zulässigkeit sog. Vorstandsdoppelmandate im Rahmen der Gruner + Jahr AG Co. KG auch vor dem BGH
I. Parteien des Rechtsstreits sind die drei Gesellschafterinnen der Gruner + Jahr AG Co. KG: Die Klägerin (Constanze Verlag GmbH Co.KG) und die Beklagte zu 1 (Bertelsmann AG) sind ihre alleinigen Kommanditistinnen; beide sind zugleich Aktionäre der Komplementärin, der Gruner + Jahr AG (Beklagte zu 2). Die Bertelsmann AG beherrscht aufgrund ihrer höheren Kapitalbeteiligung faktisch sowohl die Gruner + Jahr AG als auch die KG. Die Bertelsmann AG hatte den Vorstandsvorsitzenden der Gruner + Jahr AG in den Jahren 2000 und 2004 zugleich in ihren eigenen Vorstand berufen. Mit der Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ein Vorstandsmitglied der Gruner + Jahr AG nur mit ihrer Zustimmung ein Vorstandsmandat in der Bertelsmann AG ausüben dürfe.
Sog. Vorstandsdoppelmandate in Aktiengesellschaften müssen gem. § 88 Abs. 1 AktG nur von den Aufsichtsräten der betroffenen Aktiengesellschaften genehmigt werden. Die Klägerin meint, dass in der – hier vorliegenden – besonderen Gesellschaftsform einer AG Co. KG wegen des für deren Gesellschafter geltenden Wettbewerbsverbots gemäß § 112 HGB auch ihr Einverständnis als Minderheitskommanditistin notwendig sei. Den Vorstandsmitgliedern der Gruner + Jahr AG sei der Wettbewerb zur KG verboten; ein Doppelmandat bei der Konzernspitze verletze dieses Verbot. Da – wie die Klägerin behauptet – die KG und die Bertelsmann AG in direktem Wettbewerb stünden, bestehe die Gefahr, dass die Konzernspitze über den Doppelmandatsträger Geschäftschancen zum Nachteil der KG an sich ziehe. Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
II. Der II. Zivilsenat des BGH hat in der Revisionsinstanz die Klageabweisung bestätigt. Er hat ausgesprochen, dass die Klägerin als Minderheitskommanditistin der G+J KG kein aus einem Wettbewerbsverbot gemäß § 112 Abs. 1 HGB ableitbares Mitwirkungsrecht an der Entscheidung der zuständigen Organe der beiden beklagten Aktiengesellschaften über sog. Vorstandsdoppelmandate in der Weise hat, dass die Bestellung eines Vorstandsmitglieds der Beklagten zu 2 (Komplementärin) zum (gleichzeitigen) Mitglied des Vorstands der Beklagten zu 1 (Mehrheitskommanditistin) ihrer vorherigen Zustimmung („Vetorecht“) bedürfte.
Dem personengesellschaftsrechtlichen Wettbewerbsverbot des § 112 Abs. 1 HGB unterliegen – auch bei der vorliegenden gesellschaftsrechtlichen Sonderform der Aktiengesellschaft Co. KG – zwar die beiden beklagten Aktiengesellschaften als Gesellschafterinnen, nicht jedoch darüber hinausgehend auch deren Vorstandsmitglieder als ihre gesetzlichen Vertreter.
Auch eine analoge Anwendung des § 112 HGB kommt hier nicht in Betracht, weil ein daraus abgeleiteter – präventiv wirkender – Einwilligungsvorbehalt zugunsten der Klägerin in dieser Konstellation mit den geltenden aktienrechtlichen Kompetenznormen (§§ 84, 88 AktG) sowie mit den damit im Zusammenhang stehenden einschlägigen Grundsätzen des (Aktien-)Konzernrechts (§§ 16 ff AktG) nicht in Einklang steht.
Die Bestellung des Vorstands einer AG fällt ebenso wie dessen Befreiung von einem Wettbewerbsverbot in die alleinige Zuständigkeit des Aufsichtsrats. Auch sog. Vorstandsdoppelmandate, wie sie den Kern des vorliegenden Rechtstreits darstellen, sind nach geltendem Aktienrecht – auch im faktischen Konzern – nicht verboten; ihre Zulässigkeit hängt allein von der – hier erteilten – Zustimmung der Aufsichtsräte beider Gesellschaften zu der Doppeltätigkeit ab. Die von der Beklagten zu 1 als „Mutter-AG“ beherrschte AG Co. KG ist hinsichtlich der alleinigen Bestellungs- und Befreiungskompetenz der Aufsichtsräte der beiden beklagten Aktiengesellschaften für Vorstandsdoppelmandate nicht anders zu beurteilen: Auch die spezielle Gesellschaftsform der AG Co. KG ist hinsichtlich dieser Kompetenzfrage nicht etwa wie eine „Einheitsgesellschaft“ zu behandeln, vielmehr unterliegt sie dem geltenden Trennungsprinzip.
Urteil vom 9. März 2009 – II ZR 170/07
LG Hamburg – Urteil vom 17. Mai 2006 – 412 O 91/05 –
OLG Hamburg – Urteil vom 29. Juni 2007 – 11 U 141/06
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
Constanze Verlag GmbH Co. KG verliert Streit um die Zulässigkeit sog. Vorstandsdoppelmandate im Rahmen der Gruner + Jahr AG Co. KG auch vor dem BGH
I. Parteien des Rechtsstreits sind die drei Gesellschafterinnen der Gruner + Jahr AG Co. KG: Die Klägerin (Constanze Verlag GmbH Co.KG) und die Beklagte zu 1 (Bertelsmann AG) sind ihre alleinigen Kommanditistinnen; beide sind zugleich Aktionäre der Komplementärin, der Gruner + Jahr AG (Beklagte zu 2). Die Bertelsmann AG beherrscht aufgrund ihrer höheren Kapitalbeteiligung faktisch sowohl die Gruner + Jahr AG als auch die KG. Die Bertelsmann AG hatte den Vorstandsvorsitzenden der Gruner + Jahr AG in den Jahren 2000 und 2004 zugleich in ihren eigenen Vorstand berufen. Mit der Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ein Vorstandsmitglied der Gruner + Jahr AG nur mit ihrer Zustimmung ein Vorstandsmandat in der Bertelsmann AG ausüben dürfe.
Sog. Vorstandsdoppelmandate in Aktiengesellschaften müssen gem. § 88 Abs. 1 AktG nur von den Aufsichtsräten der betroffenen Aktiengesellschaften genehmigt werden. Die Klägerin meint, dass in der – hier vorliegenden – besonderen Gesellschaftsform einer AG Co. KG wegen des für deren Gesellschafter geltenden Wettbewerbsverbots gemäß § 112 HGB auch ihr Einverständnis als Minderheitskommanditistin notwendig sei. Den Vorstandsmitgliedern der Gruner + Jahr AG sei der Wettbewerb zur KG verboten; ein Doppelmandat bei der Konzernspitze verletze dieses Verbot. Da – wie die Klägerin behauptet – die KG und die Bertelsmann AG in direktem Wettbewerb stünden, bestehe die Gefahr, dass die Konzernspitze über den Doppelmandatsträger Geschäftschancen zum Nachteil der KG an sich ziehe. Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
II. Der II. Zivilsenat des BGH hat in der Revisionsinstanz die Klageabweisung bestätigt. Er hat ausgesprochen, dass die Klägerin als Minderheitskommanditistin der G+J KG kein aus einem Wettbewerbsverbot gemäß § 112 Abs. 1 HGB ableitbares Mitwirkungsrecht an der Entscheidung der zuständigen Organe der beiden beklagten Aktiengesellschaften über sog. Vorstandsdoppelmandate in der Weise hat, dass die Bestellung eines Vorstandsmitglieds der Beklagten zu 2 (Komplementärin) zum (gleichzeitigen) Mitglied des Vorstands der Beklagten zu 1 (Mehrheitskommanditistin) ihrer vorherigen Zustimmung („Vetorecht“) bedürfte.
Dem personengesellschaftsrechtlichen Wettbewerbsverbot des § 112 Abs. 1 HGB unterliegen – auch bei der vorliegenden gesellschaftsrechtlichen Sonderform der Aktiengesellschaft Co. KG – zwar die beiden beklagten Aktiengesellschaften als Gesellschafterinnen, nicht jedoch darüber hinausgehend auch deren Vorstandsmitglieder als ihre gesetzlichen Vertreter.
Auch eine analoge Anwendung des § 112 HGB kommt hier nicht in Betracht, weil ein daraus abgeleiteter – präventiv wirkender – Einwilligungsvorbehalt zugunsten der Klägerin in dieser Konstellation mit den geltenden aktienrechtlichen Kompetenznormen (§§ 84, 88 AktG) sowie mit den damit im Zusammenhang stehenden einschlägigen Grundsätzen des (Aktien-)Konzernrechts (§§ 16 ff AktG) nicht in Einklang steht.
Die Bestellung des Vorstands einer AG fällt ebenso wie dessen Befreiung von einem Wettbewerbsverbot in die alleinige Zuständigkeit des Aufsichtsrats. Auch sog. Vorstandsdoppelmandate, wie sie den Kern des vorliegenden Rechtstreits darstellen, sind nach geltendem Aktienrecht – auch im faktischen Konzern – nicht verboten; ihre Zulässigkeit hängt allein von der – hier erteilten – Zustimmung der Aufsichtsräte beider Gesellschaften zu der Doppeltätigkeit ab. Die von der Beklagten zu 1 als „Mutter-AG“ beherrschte AG Co. KG ist hinsichtlich der alleinigen Bestellungs- und Befreiungskompetenz der Aufsichtsräte der beiden beklagten Aktiengesellschaften für Vorstandsdoppelmandate nicht anders zu beurteilen: Auch die spezielle Gesellschaftsform der AG Co. KG ist hinsichtlich dieser Kompetenzfrage nicht etwa wie eine „Einheitsgesellschaft“ zu behandeln, vielmehr unterliegt sie dem geltenden Trennungsprinzip.
Urteil vom 9. März 2009 – II ZR 170/07
LG Hamburg – Urteil vom 17. Mai 2006 – 412 O 91/05 –
OLG Hamburg – Urteil vom 29. Juni 2007 – 11 U 141/06
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